Was mir niemand über die Chef Rolle gesagt hat

Gerade im Umfeld der Professional Services Firms mit relativ wenigen mittleren Hierarchieebenen sind Leitungs- oder Managementfunktionen für Mitarbeiterinnen aus den Sekretariaten eher selten. Umso erfreulicher ist es dann, wenn man das Vertrauen der Partnerschaft genießt und sich in einer Leitungsfunktion beweisen darf. Gespräche mit “frischen” Führungskräften haben gezeigt, dass viele Punkte gar nicht auf dem Radar waren und für gewisse Verwunderung gesorgt haben. Macht euch bewusst, dass eine Führungsverantwortung nicht nur eine strahlende Managementfunktion ist sondern auch ziemlich an die Substanz gehen kann.

Empfundener Druck

Wenn eine Führungsposition geschaffen wird, dann meistens wenn es irgendein Problem gibt – das muss nichts dramatisches und unlösbares sein, vielleicht geht es einfach nur um Schichtpläne. Ohne Expertise in der Funktion empfindet man automatisch einen erhöhten Druck, da man zum einen die Aufgabe zufriedenstellend erledigen möchte, zum anderen seine Fürsprecher nicht enttäuschen möchte. Hierbei ist es egal ob man den Druck von oben bekommt oder ob man ihn sich durch den eigenen Ansporn selbst macht – Druck ist Druck.

Nicht jeder freut sich

Du wirst auf einmal aus dem Sekretariat zur Leiterin eines bestimmten Bereiches befördert. Gratulieren werden dir alle, ernst gemeint ist es leider von nicht allen. Erfolg ruft immer Neider auf den Plan, die dir deinen Aufstieg nicht gönnen. Im besten Fall erzeugst du bei diesen Neidern nur Missgunst, im schlimmsten Fall sabotieren sie deine Arbeit. Jetzt solltest du bloß nicht paranoid werden, mach dir nur einfach bewusst, dass nicht jedem dein Aufstieg schmeckt.

Führung kostet Zeit und Nerven

Wer denkt Chefin sein ist das ultimative Karriereziel, weil man ab da nur noch arbeiten lässt unterschätzt die Funktion völlig. Zum einen gibt es fast nie reine Management-Funktionen in denen ausschließlich Personal geführt wird. Meistens arbeiten die Führungskräfte in einem Bereich und haben zusätzlich eine Leitungsfunktion inne. Da erfahrungsgemäß nie alles rund läuft kostet die Führungsrolle vor allem Zeit (auch Freizeit) und Nerven. Wer denkt “Ab jetzt mache ich die Ansagen und wer nicht spurt wird entlassen” wird im neuen Job keinen Erfolg haben.

Chefs sind immer eine Zielscheibe

Eigentlich müsstest du das wissen, hast es aber wahrscheinlich verdrängt. Wer eine schwierige Chefin hat denkt sich, ich werde alles besser machen und somit nicht die Zielscheibe meiner Kollegen. Wenn man aber mal tief in sich geht sind Menschen leider nicht rational und fair. Du kennst das bestimmt, irgendwer hat mal keinen Urlaub genehmigt bekommen, weil sonst das Sekretariat leer wäre. Die betreffende Kollegin hat bestimmt geschimpft – obwohl die Gründe doch eigentlich rational wären. Kommt dir das bekannt vor? Mir auch. Menschen sind irrational und der Chef ist für alles eine willkommene Zielscheibe.

Es wird laut

Auch in guten Teams, die gemeinsam nach Feierabend was unternehmen und sich vertrauen knallt es mal – und das is auch gut so. Wer glaubt “Mir passiert das nicht” irrt sich. Es sollte auf keinen Fall die Regel sein, dass man sich gegenseitig anschreit. Aufgeladene, emotionale Belastung kann sich jedoch durch laute Streits entladen. Das gilt ebenso für Konflikte mit der Partnerschaft, Probleme werden von oben nach unten (dafür bist du ja auch die Schnittstelle) weitergegeben. Du denkst zwar “mir wird das nicht passieren” – davor ist aber niemand sicher.

Du bist nicht am Ziel

Endlich Chefin, vielleicht sogar ein eigenes Büro und wenn alles glatt geht sogar einen Dienstwagen. Wer sich jetzt am Ziel wähnt muss leider enttäuscht werden. Du bist leider nicht am Ziel, du kannst dich nicht ausruhen, deine Arbeit steht auch weiterhin auf dem Prüfstand und Konkurrenz “von unten” wartet ebenfalls auf ihren Aufstieg. Sieh die neue Rolle eher als einen fortwährenden Lernprozess, in dem du dich stetig weiterentwickelst. Die nächst-höhere Position muss nicht unbedingt ein noch größeres Team sein, viele geben die Führung irgendwann auch wieder ab und gehen einer “regulären” Funktion als Executive Assistant nach.

Fazit

Viele träumen von einer Chef-Position, sehen dabei aber etwas blauäugig nur die positiven Seiten. Gerade die Gespräche mit jungen Führungskräften zeigen, dass zwischen Erwartung und Realität doch eine gewisse Lücke existiert. Erfahrene Führungskräfte, die auch Freude an der Rolle haben, gewöhnen sich früher oder später einfach daran.

moritzblog_redakteur

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