Rechtsfachwirtin

Nach erfolgreicher Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellte beginnen sich viele Gedanken zu machen, welcheKarriereperspektiven sich noch bieten. Soll sich die berufliche Zukunft weiterhin im Rechtsbereich abspielen,könnte die Weiterbildung zur geprüften Rechtsfachwirtin eine interessante Option sein.

Zulassungsvoraussetzungen

Wer die Prüfung zur geprüften Rechtsfachwirtin ablegen möchte, muss über ausreichende Berufserfahrung in einerKanzlei verfügen. Hierbei unterscheidet man zwischen zwei Gruppen, nämlich den Rechtsanwaltsfachangestellten(auch ReNos) und den übrigen Mitarbeitern (z.B. Sekretäre mit anderer Ausbildung). Für die Prüfung sind nötig:

  • 2 Jahre ununterbrochene Berufserfahrung als Rechtsanwaltsfachangestellte in einer Kanzlei
  • 6 Jahre ununterbrochene Berufserfahrung für sonstige Kanzleimitarbeiter

Es zählt die Berufserfahrung zum Prüfungstermin, ihr könnt also theoretisch bereits ein halbes Jahr nach derAbschlussprüfung zur Rechtsanwaltsfachangestellten die Weiterbildung zur geprüften Rechtsfachwirtin beginnen.

Für wen eignet sich die Weiterbildung?

Die lange und manchmal zähe Weiterbildung zur Rechtsfachwirtin sollte man auf sich nehmen, wenn man auchnoch mittelfristig sein Glück in einer Kanzlei oder in der Rechtsabteilung von einem Unternehmen sieht. Wer den Weg heraus aus der Branche sucht, sollte sich mit Alternativen vertraut machen. Da die Weiterbildung tiefes Wissen in Bereichen wie Gebührenrecht oder Zwangsvollstreckung vermittelt, solltet ihr Interesse an diesen Bereichen haben. Wichtig ist später im Beruf die erlernten Inhalte auch anwenden zu können. Meist fordern Mitarbeiter nach dem Erwerb eines Fachwirts mehr Gehalt, das gesamte Anspruchsniveau steigt jedoch damit auch an. Überlegt euch also vorher, ob sich der Rechtsfachwirt sinnvoll in die Strukturen des Arbeitgebers integrieren lässt oder ob ihreinfach nur den Titel sammeln wollt. Am besten besprecht ihr die Überlegung mit eurem Anwalt, Chef,Personalmanager – je nachdem wer zuständig ist.

Studienmodelle, Dauer & Zeitaufwand

Die Weiterbildung zur geprüften Rechtsfachwirtin startet meist wie ein Studium zum Winter- oder Sommersemester (also gegen März oder September). Wenngleich oft von Studium gesprochen wird, handelt es sich nicht um ein Studium sondern eine Qualifikation, die einem Meister gleichgestellt ist. Die Vorbereitungskurse dauern etwa 3 Semester / 18 Monate, ihr solltet also mindestens diese 1,5 Jahre einplanen. Es gibt auch Intensivkurse, die euch in 6 Monaten (nur an den Wochenenden) auf die Prüfung vorbereiten. Es klingt verlockend so viel Zeit einzusparen, die Belastung darf aber nicht unterschätzt werden. Ihr müsst pro Woche etwa 8 zusätzliche Stunden Zeitaufwenden um die Aufgaben zu bearbeiten sowie ca. 400 Stunden Unterricht besuchen. Beim Präsenzstudium finden die Vorlesungen meist Abends und/oder am Wochenende statt, um eine optimale Vereinbarkeit mit dem Beruf zu sichern.

Lerninhalte

Eine kurze Vorbemerkung: Wer sich mit der Weiterbildung auseinandersetzt bekommt bei der Recherche den Eindruck man müsse zwangsläufig mit einer Schule oder einem Institut den Vorbereitungskurs machen. Ihr könnt euch auch selber darauf vorbereiten, es macht aber auf jeden Fall Sinn diese Angebote in Anspruch zu nehmen. Die Dozenten sind oft eng an der Rechtsanwaltskammer, kennen die Prüfer, wissen worauf geachtet wird und können euch akzentuiert auf die Abschlussprüfung vorbereiten. Euch erwarten vier Hauptthemen, nämlich Büroorganisation, Personalwirtschaft, Kosten- Gebühren- und Prozessrecht sowie Zwangsvollstreckung undmaterielles Recht.

Büroorganisation & Büroverwaltung
  • Organisationsmittel, Büroablauforganisation
  • Bearbeitung und Kontrolle von Fristen und Terminen
  • Post- und Dokumentenmanagement
  • Datenverarbeitungs- und Telekommunikationssysteme
  • Datenschutz
  • betriebliches Rechnungswesen
  • Materialverwaltung
  • Korrespondenzen
Personalwirtschaft und Mandantenbetreuung
  • Arbeitsvertragsgestaltung
  • Berufsbildungs- und Jugendschutzrecht
  • Arbeitsschutz
  • Arbeitsrecht & Sozialversicherungsrecht
  • Personalführung und –entwicklung
  • Sachstandsaufnahme, Kollisionskontrolle, Terminsberichte
  • Verkehr mit dem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten, insbesondere Schuldner
  • Schwerpunkte des Berufsrechts der Rechtsanwälte
Gebühren- und Kostenrecht
  • Gebühren in Zivil-, Straf- und Bußgeldsachen
  • Gebühren im Mahnverfahren
  • Gegenstandswert ermitteln
  • Prozesskostensicherheiten und -vorschüsse
  • Prozesskostenhilfe
  • Abrechnung bei Mehrvergleich GKG, FamGKG, KostO
  • UBV / Korrespondenzanwalt
Zwangsvollstreckung und materielles Recht
  • Bürgerliches Recht und Prozessrecht
  • Verträge, Willenserklärungen, Verpflichtungen/Erfüllungen Anfechtungen
  • Rechts- und Geschäftsfähigkeit Prozessvoraussetzungen, Berufung und Revision
  • Mahnverfahren
  • Zwangsvollstreckungsrecht
  • Vollstreckungsarten, -titel und klausel
  • Zustellung als Zwangsvollstreckungsvoraussetzung
  • Vollstreckungsvoraussetzungen sowie -hindernisse
  • Sachpfändungen und Vollstreckungsschutz
  • Rechtsmittel und Rechtsbehelfe
  • Handlungs- und Duldungsvollstreckung Offenbarungsverfahren
  • Forderungspfändung I + II
  • Straf- und Strafprozessrechts Anwendung des Strafrechts
  • Strafen
  • Tatbestände und Delikte
  • Strafverfahrensablauf
  • Rechtsbehelfe

Prüfung

Die Rechtsanwaltskammer erhebt eine Prüfungsgebühr von ca. 260 EUR. Die Abschlussprüfung verteilt sich auf einen mündliche und einen schriftlichen Teil. Es werden zwei 2h-Klausuren (organisatorische Fächer) geschriebensowie zwei 4h-Klausuren (rechtliche Fächer). Wenn ihr im schriftliche Teil zu schlecht seid besteht die Möglichkeiteine mündliche Ergänzungsprüfung abzulegen um den Fachwirt noch zu retten. Ganz regulär legen zudem alle noch eine mündliche Prüfung in Form eines praxisorientierten Situationsgesprächs, welches ca. 30 Minuten dauert.

Fern- oder Präsenzstudium

Die Kurse werden oft nach der Arbeit oder am Wochenende angeboten, wer lange Fahrtwege hat oder keinenAnbieter in seiner Nähe hat könnte über ein Fernstudium nachdenken. Die Anbieter schicken euch Lernbriefe zu, stellen euch Hausaufgaben und senden euch die korrigierte Antwort zu. Der größte Vorteil ist, dass ihr meist jederzeit den Fachwirt aufnehmen könnt und nicht auf die offiziellen Starttermine warten müsst. Wer aufgrundseines Wohnortes nicht auf ein Fernstudium angewiesen ist sollte für sich abwägen was besser passt – das istreine Typsache.

Karriereaussichten

Die Karriereaussichten sind insgesamt gut, genauso wie die Karriereaussichten für Rechtsanwaltsfachangestellteim Allgemeinen. Faktisch finden es viele Kanzleien gut hochqualifizierte Rechtsfachwirte in der Hinterhand zu haben – praktisch stellt sich aber die Frage nach der Einsetzbarkeit. Die Nachfrage nach Rechtsfachwirten in Kanzleien und Unternehmen steigt kontinuierlich, es kommt aber am Arbeitsmarkt zu regionalen

Verwerfungen – d.h. nur weil die Gesamtnachfrage hoch ist, muss das bei euch in der Region nicht so sein. Der Fachwirt muss zudem nicht das Ende der Karriere sein, er zählt nämlich für viele fachgebundene Studiengänge als Hochschulzugangsberechtigung – d.h. ihr könnt ein Studium auch ohne Abitur aufnehmen. Diese Aspekte müsst ihr selber abwägen, unter dem Strich ist die Nachfrage da und es ist zudem wichtig, sich stets zu entwickeln undNeues zu erlernen.

Kosten

Die Prüfung an sich kostet ca. 260 EUR und ist abhängig von der jeweiligen Rechtsanwaltskammer. Die Seminaranbieter berechnen ca. 2.000 bis 3.500 EUR für die Vorbereitungskurse. Die Anbieter erstellen euch auch meist Skripte, Catering und andere Annehmlichkeiten zur Verfügung. Bei der Auswahl des Weiterbildungsanbieters solltet ihr euch für den besten entscheiden und die Wahl nicht von Nebenleistungen oder dem Preis abhängigmachen.

Förderung und Finanzierung

Viele Kanzleien übernehmen die Kosten für die Weiterbildung, da sie als Betriebsausgaben von der Steuerabsetzbar sind. Wenn euer Arbeitgeber die Kosten übernimmt schaut bitte gut auf die Bedingungen, oft müsst ihr euch für eine lange Zeit verpflichten, weiter im Unternehmen zu bleiben. Viel freier seid ihr, wenn ihr die Kosten selber tragt. Die am häufigsten abgerufene Förderung ist das Meister-Bafög.

Es gibt verschiedene Voraussetzungen, machen wir es kurz, für den Rechtsfachwirt könnt ihr Meister-Bafögerhalten. Ihr erhaltet 30,5% der Kostem erstattet sowie einen Kredit, den ihr nach dem Abschluss tilgen könnt. DieSeminaranbieter bieten zudem auch oft Ratenzahlungen an, weshalb ihr unter Umständen keinen Kredit braucht.

Wer seine Ausbildung mit sehr guten Ergebnissen abgeschlossen hat, kann sich auf Begabtenförderung bewegen. Hier erhaltet ihr auf drei Jahre begrent maximal 1.700 EUR. Details: www.begabtenfoerderung.de.

Wer die Kosten seiner Weiterbildung selbst trägt kann zudem einen Teil der Kosten als Werbungskosten absetzenund sich bei der jährlichen Steuererklärung einen Teil der Steuern wieder zurückholen. Wir erklären wie es geht Artikel

Gehalt

Es lässt sich keine seriöse Schätzung zu einem Durchschnittsgehalt abgeben, auch wenn viele andere Seiten einfach blind einen Wert ansetzen ohne ihn je gegengeprüft zu haben. Zu viele Faktoren beeinflussen das Jahresgehalt um zu sagen vor dem Rechtsfachwirt entspricht euer Marktwert X EUR nach einem Fachwirt Y EUR. Die beste Chance auf eine Gehaltssteigerung habt ihr, wenn die erlernten Kompetenzen auch zur Anwendung kommen, der Anwalt mehr abrechnen kann und unter dem Strich der Umsatz steigt. Rechtsfachwirte in größerenKanzleien verdienen (so unsere Stichprobe) zwischen 36 und 45 TEUR, in Wirtschaftskanzleien kann es deutlich mehr sein – obwohl die erlernten Kompetenzen wie Kostenrecht dort fast nicht gebraucht werden. Wir arbeiten aneiner validen Gehaltsübersicht mit tatsächlichen Gehältern und einer hohen Aussagekraft. Nehmt doch bitte teil und helft euch untereinander.

Lohnt sich die Weiterbildung zur Rechtsfachwirtin?

Grundsätzlich eröffnet euch die Weiterbildung zur Rechtsfachwirtin sehr viele Chancen. In Kanzleien ist diese Zusatzqualifikation sehr gefragt und selten – das sind jedoch Rechtsanwaltsfachangestellte auch. Wer sich weiter im juristischen Bereich bewegen möchte – egal ob Kanzlei oder Rechtsabteilung – macht mit dem Kurs bestimmt nichts falsch. Wer sich jedoch perspektivisch in einen anderen Bereich bewegen möchte, kann dies auch mit einer einfacheren Weiterbildung als dem Rechtsfachwirt machen.

 

Erfahrungsberichte

moritzblog_redakteur

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