EINLEITUNG
Tätigkeiten und Aufgaben
Wann immer eine Erfindung, technische Neuerung oder sonstiges Geistiges Eigentum geschaffen wird steht für Privatpersonen und Unternehmen ein Besuch beim Patentanwalt an. Patentanwälte helfen, Erfindungen zu schützen und setzen diese Schutzrechte wenn nötig weltweit durch. Der Ablauf, sowohl lokal, europaweit oder auch weltweit folgt sehr strikten Regeln, die von euch im Hintergrund eingehalten werden müssen. Was genau macht also eine Patentanwaltsfachangestellte? Wie in vielen Kanzleiberufen unterteilt sich eure Tätigkeit in allgemeine Aufgaben und besondere Aufgaben (für die ihr letztlich die Ausbildung macht). Die allgemeinen Aufgaben sind sehr administrativ geprägt, das heißt Mandanten empfangen, Termine vereinbaren, das Büro organisieren usw. Die Spezialaufgaben sind komplex und haben es in sich. Eine Patentanwaltsfachangestellte berechnet Gebühren/Kosten (z.b. einer Patentanmeldung), führt rechtssichere Korrespondenzen mit Behörden und Ämtern (insbesondere dem europäischen Patentamt) und kennst dich mit unterschiedlichen Patentverfahren aus. Du lernst Schutzrechte anzumelden und kennst die Prozesse, um diese auch durchzusetzen.
Bei vielen Jobs ist gewissenhaftes Arbeiten wichtig, bei Patentanwaltsfachangestellten ist das jedoch überdurchschnittlich wichtig. Patente und Marken laufen nach einer bestimmten Frist aus, wenn versäumt wird diese zu verlängern stehen manchmal Millionenbeträge auf dem Spiel. Ihr lernt somit den Umgang mit Fristen und das genaue Einhalten von Terminen, damit so etwas nicht passiert.
Voraussetzungen
Es gibt keine gesetzlichen Voraussetzungen um die Ausbildung anzutreten. Viele Webseiten und Bewerbungsratgeber berichten davon, dass ihr mindestens über (Fach)abitur verfügen solltet, wir teilen diese Einschätzung nicht. Patentanwälte suchen händeringend Nachwuchs, ihr solltet euch also selbstbewusst und egal mit welchem Schulabschluss auf die Ausbildung bewerben, wenn ihr euch die Tätigkeit zutraut. Euch sollten jedoch technische Beschreibungen nicht scheuen, da viele Patente eben aus der Forschung und Entwicklung stammen. Zudem empfiehlt es sich, über zumindest befriedigende Englischkenntnisse zu verfügen und bereit zu sein, diese auszubauen. Ihr könnt aber unbesorgt sein, kein Ausbildungsbetrieb verlangt direkt verhandlungssichere Englischkenntnisse. Ihr solltet jedoch über eine gute Mathe und Deutschnote verfügen, um mit den Aufgaben optimal klarzukommen.
Bewerbung
Anders als bei Rechtsanwaltsfachangestellten kann die Suche nach einem Ausbildungsplatz für Patentanwaltsfachangestellte etwas länger dauern und sollte rechtzeitig in Angriff genommen werden. Das hat zwei Gründe. Zum einen gibt es insgesamt weniger Patentanwälte, zum anderen sind viele Patentkanzleien klein und bilden maximal eine Person pro Jahrgang aus. Aufgrund der geringen Anzahl an Ausbildungsplätzen schalten viele Patentanwälte keine Stellenanzeigen in Jobportalen (eine Suche kann sich dennoch lohnen), häufig steht die Information in einer kleinen Fußnote auf der Homepage. Es macht also Sinn sich Patentanwälte in seiner Nähe zu suchen und am besten einfach anzurufen – fragen kostet nichts und im schlimmsten Fall ist keine Stelle frei, der Patentanwalt freut sich, dass sich noch jemand für die Ausbildung interessiert. Bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz zur Patentanwaltsfachangestellten hilft zudem die Arbeitsagentur weiter oder auch die Patentanwaltskammer. Wenn ihr euch für eine oder mehrere Patentanwaltskanzlei entschieden habt, müsst ihr euer Bewerbungsanschreiben vorbereiten. Wir würden euch gerne ein Musteranschreiben zur Verfügung stellen, da diese jedoch oft kopiert werden (manchmal landet das gleiche Anschreiben 10 Mal auf einem Tisch) wäre das Kontraproduktiv. Wir haben jedoch hier einen Leitfaden. Achtet bei der Bewerbung darauf, mit welchen Bereichen sich der Patentanwalt oder die Patentanwältin beschäftigt – ist der Anwalt spezialisiert auf Chemie, Pharma oder doch eher Maschinenbau? Wenn ihr euch genau vorbereitet und die Seite nicht nur überfliegt könnt ihr im Vorstellungsgespräch punkten.
Gehalt in der Ausbildung
Das Gehalt in der Ausbildung zur Patentfachangestellten ist dem Anspruch geschuldet ganz ansehlich, schwankt jedoch von Kanzlei zu Kanzlei und ist zudem abhängig vom Standort und von der Größe der Kanzlei. Im ersten Lehrjahr sind Gehälter von 700 bis 800 EUR üblich, im zweiten Ausbildungsjahr 800 bis 1000 EUR und im dritten Lehrjahr 900 bis 1.100 EUR. Der Lohn ist okay, in anderen Branchen wird manchmal deutlich mehr gezahlt. Das Gehalt sollte jedoch nicht der Grund sein, warum ihr eine Ausbildung zur Patentanwaltsfachangestellten macht. Wir empfehlen allen, sich mit dem Verdienst nach der Ausbildung auseinanderzusetzen. Bei Kanzleiberufen ist es sehr oft so, dass die Ausbildungsvergütung zwar gering ist, die Gehälter nach der Ausbildung jedoch locker auf 45 – 65 TEUR im Jahr steigen können.
Gehalt nach der Ausbildung
Das Gehalt nach der Ausbildung ist weitaus besser und steigert sich mit den Jahren. Patentanwaltsfachangestellte, die ohne viel Anleitung ihren Job ausführen können, verdienen je nach Standort zwischen 45 – 60 TEUR pro Jahr. Mit entsprechenden Weiterbildungen sind auch Gehälter jenseits der 80 TEUR möglich, jedoch auch selten.
Dauer der Ausbildung
Der Ablauf der Ausbildung zur Patentanwaltsfachangestellten ist ähnlich wie bei den meisten Ausbildungen im Kanzleiumfeld. Die Ausbildung erfolgt im dualen System, also dem Wechsel aus Berufsschule und praktischer Ausbildung in der Kanzlei. Die Ausbildung zur Patentanwaltsfachangestellten dauert im Normalfall 3 Jahre und lässt sich auf 2 Jahre oder 2,5 Jahre verkürzen, hier gelten unterschiedliche Regelungen von unterschiedlichen Patentanwaltskammern. Eine Verkürzung ist generell möglich, wenn ihr vorher eine andere Ausbildung gemacht habt (z.B zur Rechtsanwaltsfachangestellten) oder über sehr gute Noten in der Berufschule verfügt.
Berufsschule
In der Berufsschule werden verschiedene Fächer unterrichtet, die zu Beginn mit denen von Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten deckungsgleich sind. Die Unterrichtsfächer zielen zum einen auf die allgemeine Organisation ab, zum anderen auf spezifische rechtliche Aufgaben. Die Ausbildungsinhalte orientieren sich eng am vom Gesetzgeber vorgegebenen Lehrplan:
Erstes Lehrjahr
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Beruf und Ausbildungsbetrieb präsentieren
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Arbeitsabläufe im Team organisieren
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Schuldrechtliche Regelungen bei der Vorbereitung und Abwicklung von Verträgen anwenden
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Ansprüche außergerichtlich geltend machen
Zweites Lehrjahr
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Aufgaben im Personalbereich wahrnehmen
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Geschäftsprozesse erfassen, kontrollieren und bewerten
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Wirtschaftliche Einflüsse auf betriebliche Entscheidungen beurteilen
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Nationale und gewerbliche Schutzrechte anmelden
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Nationale und gewerbliche Schutzrechte aufrechterhalten
Drittes Lehrjahr
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Gegen Entscheidungen der nationalen Anmeldebehörde fristgebunden vorgehen
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Bestehende nationale Schutzrechte nicht fristgebunden angreifen
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Schutzrechtsstreitigkeiten bearbeiten und abrechnen
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Internationale gewerbliche Schutzrechte anmelden und die Verfahren begleiten
Prüfung
Nach einem Jahr müsst ihr euch bereits der 60 minütigen Zwischenprüfung stellen. Ziel ist eine Lernstandskontrolle, die Note aus der Zwischenprüfung hat keinen Einfluss auf euer Abschlusszeugnis. Als Prüfungsinhalte werden Inhalte aus den Bereichen Kommunikation/Büroorganisation sowie Rechtsanwendung abgefragt. Die Abschlussprüfung tretet ihr am Ende der Ausbildung an. Die Abschlussprüfung umfasst die Bereiche:
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Geschäfts- und Leistungsprozesse,
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Mandantenbetreuung
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Rechtsanwendung im Bereich des internationalen, regionalen und europäischen gewerblichen Rechtsschutzes
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Rechtsanwendung im Bereich des nationalen gewerblichen Rechtsschutzes sowie
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Wirtschafts- und Sozialkunde
Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil, wobei die schriftlichen Klausuren deutlich schwieriger sind als das Fachgespräch. Details zur Abschlussprüfung zur Patentanwaltsfachangestellten findet ihr hier.
Einsatzorte
Patentanwaltsfachangestellte werden überwiegend in Patentanwaltskanzeien ausgebildet und zum Teil auch in den Patentabteilungen von Wirtschaftsunternehmen, die Kanzleien überwiegen jedoch stark. Genau dort ergeben sich auch spätere Einsatzorte nach der Ausbildung. Die meisten werden in Kanzleien arbeiten, einige wechseln nachdem sie Berufserfahrung gesammelt haben in Unternehmen.
Weiterbildungsmöglichkeiten
Als Patentanwaltsfachangestellte habt ihr zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten. Innerhalb der Branche sind Fernstudiengänge im Bereich gewerblicher Rechtsschutz zum Patentingenieur oder Patentreferenten beliebt. Es gibt auch Studiengänge, die euch einen Bachelor oder Master of Laws in gewerblicher Rechtsschutz / intellectual Property verschaffen. Eine weitere beliebte Weiterbildung ist zum Marken- und Designreferenten. Des Weiteren ist es möglich sich allgemeiner aufzustellen durch die Weiterbildung zur Rechtsfachwirtin oder Betriebswirtin für Recht. Wir informieren ausführlich in diesen Rubriken.
Arbeitszeiten und Urlaub
Auch in der Ausbildung zur Patentanwaltsfachangestellten habt ihr einen Anspruch auf Urlaub. Der Anspruch ist abhängig von eurem Alter und lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Unter 16 Jahre: 30 Tage Urlaub
- Unter 17 Jahre: 27 Tage Urlaub
- Unter 18 Jahre: 25 Tage Urlaub
- Erwachsene: 24 Tage Urlaub
Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Bundesurlaubsgesetz. Die 24 Tage für Erwachsene werden in Kanzleien jedoch selten angewendet aus einem einfachen Grund: Niemand möchte da arbeiten, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Im Berufsleben sind 27 bis 30 Tage Urlaub üblich und gelten meist auf für Azubis (außer der gesetzliche Anspruch ist höher. Die Arbeitszeiten sind in der Ausbildung Kanzleitypisch, gearbeitet wird also von 9 bis 18 Uhr oder 8 bis 17 Uhr inklusive einer Stunde Mittagspause. Es ist immer davon abhängig, wie euer Ausbilder selbst verfügbar ist.
Arbeitskleidung und Umfeld
Patentkanzleien sind wie andere Kanzleien auch eher konservativ und ordentlich. Bei Mandantenkontakt ist sehr ordentliches Aussehen (oft Hosenanzug/Anzug) vorgeschrieben, ohne Kontakt mit Mandanten reicht meist eine Bluse und eine vernünftige Hose (Stoffhose, Jeans) aus. Sichtbare Tattoos sind nach wie vor unbeliebt – unter der Kleidung jedoch fast nie ein Problem. Ich selbst kenne einen Patentanwalt mit Totenkopf-Tattoo auf der Brust, Privat sind wir alle nur Menschen.
Zukunftsaussichten
Die Zukunftsaussichten für Patentanwaltsfachangestellte sind sehr gut, auch wenn nicht klar ist, wie in 20 Jahren in diesem Job gearbeitet wird. Gesetzliche Rahmenbedingungen ändern sich kontinuierlich, tendenziell werden gesetzliche Anforderungen jedoch eher komplexer als einfacher. Ganz davon ab wird der Schutz von geistigem Eigentum eines der wichtigsten Zukunftsthemen in Deutschland werden. Klassische Fertigung wird zunehmend ins Ausland verlagert, Deutschland wird immer stärker zu einem Land von Forschung und Entwicklung. Diese Erkenntnisse müssen später national und internationale in Form von Patenten und anderen Schutzrechten angemelder und durchgesetzt werden – die Aussichten für die Branche sind also sehr gut.
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