Die häufigsten politischen Entscheidungen

In Professional Services Firms und normalen Unternehmen gelten ganz implizite Regeln, die nicht offen kommuniziert werden. Oft sind (Personal)Entscheidungen politischer Natur und nicht mit rationalen Argumenten begründbar. Allein das Verständnis, dass es diese Entscheidungsprozesse gibt hilft jedoch, manch eine Absage zu verdauen.

Akademischer Grad

Auf manchen Positionen sehen die Partner schlichtweg gerne Mitarbeiter mit einem akademischen Bildungsweg, d.h. einem Bachelor- Master oder Diplom-Studium. Es ist zwar nicht gesagt, dass Mitarbeiter ohne Studium die gleichen Aufgaben nicht genauso gut oder besser ausführen können, der ähnliche Ausbildungshintergrund vermittelt dennoch etwas Sicherheit bei der Personalauswahl. Das ist Szenario Eins, die Partnerschaft will eine Studierte Mitarbeiterin. Kommen wir aber zum Thema dieses Artikels, der politischen Entscheidung. Es kommt durchaus häufiger vor, dass der akademische Abschluss eine Legitimationsfunktion bekommt und somit vorgeschoben wird, warum eine Mitarbeiterin bevorzugt wird. Dazu ein einfaches Beispiel. Ihr arbeitet in einer Kanzlei mit 50 Anwälten und 50 Assistenzen, die alle ähnlich qualifiziert sind. Alle Kolleginnen wollen in die Personalabteilung wechseln, warum darf genau Lisa wechseln obwohl wir alle das gleiche können? Genau, das bringt Unruhe ins Team. Was ist aber, wenn Lisa nebenher studiert hat oder auch eine spezifische Weiterbildung absolviert hat? Dann bekommt das auf einmal alles eine Legitimation.

Du bist zu jung

“Du bist zu jung” ist eine beliebte Absage, zu wenig Berufserfahrung in einem Gebiet ist auch tatsächlich ein häufiger Absagegrund. Das ist jedoch keine politische Entscheidung sondern ganz rational. Politisch wird es, wenn Hierarchieebenen (d.h. Führungsrolle) ins Spiel kommen und die Mitarbeiter unterschiedliche Altersstufen aufweisen. Am häufigsten habe ich diese Diskrepanz bei Positionen bemerkt, die in anderen Unternehmen auch von jungen Kollegen besetzt werden können wie Teamleitung, Empfangsleitung oder auch Office Managerin. Stell dir vor du arbeitest in einem Sekretariat in dem der Altersdurchschnitt bei 30 liegt. Du selbst bist Anfang 20 und bekommst die Leitungsfunktion. Die Partner befürchten (auch wenn du eine tolle Führungskraft bist), dass es zu Kompetenzgerangel aufgrund des unterschiedlichen Alters kommt und geben dir die Chance nicht. Es ist also ganz klar politisch, dieses Risiko nicht einzugehen. Die Gründe erfährst du aufgrund des AGG nicht.

Du bist zu alt

Als Headhunter bekommt man die Feedbacks der Unternehmen oft schonungslos ehrlich vermittelt: Die Bewerberin ist uns schlichtweg zu alt. Das kommt vor und lässt sich auch gerichtlich nicht erzwingen. Auf der anderen Seite gibt es trotzdem genügend Arbeitgeber, die auch “alte” Bewerberinnen gut finden. Mit Ihnen bekommt man oft treue und langjährige Mitarbeiter, bei denen die Familienplanung meist abgeschlossen ist. Das sprengt aber hier den Rahmen.

Geschlecht

Das Geschlecht kann mitunter auch zu einer politischen Entscheidung führen. Generell Frauen zu diskriminieren im Assistenzberuf würde keinen Sinn machen, die überwiegende Mehrheit in den Sekretariaten ist nunmal weiblich. Wenn jedoch ein Team oder eine Kanzlei fast ausschließlich aus Frauen zwischen Ende 20 und Anfang 30 besteht, ist das Risiko eines Schwangerschaft-Ausfalls relativ groß. Politisch könnte es hier sein, auf diese Stelle einfach einen Mann zu setzen von dem man keinen Ausfall erwartet. Dieses Szenario kommt aber ehrlich gesagt eher selten vor.

Fazit

Jetzt hast du einen kleinen Einblick bekommen, wie sich politische Überlegungen auf die Personalplanung auswirken können. Bei einer Absage aktiv nach diesen Punkten zu fragen hat keinen Zweck, kein Arbeitgeber riskiert eine Klage. Mach dir einfach bewusst, dass es nicht zwangsläufig an dir liegen muss sondern manchmal höhere Gründe gibt.

moritzblog_redakteur

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