Gerade im Markt der Unternehmensberater, Anwälte, Steuer- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gibt es ein Prinzip der Ortsgebundenheit – dort wo wir Geschäfte machen, haben wir oft auch ein Büro. Zum einen kann man so Mitarbeiter gewinnen, die mit den lokalen Gegebenheiten vertraut sind, zum anderen haben die Mandanten kurze Wege. So weit so bekannt. Im Markt der Professional Services Firms kommt es im Vergleich zur normalen Wirtschaft relativ häufig zu Neu- oder Ausgründungen von Beratungshäusern. Es kommt vor, dass sich bestehende Berater:innen/Teams selbstständig machen (Spin Off) oder dass ein bestehendes Unternehmen einen neuen Standort eröffnet. Dieser Kampf um Marktanteile und Nischen führt dazu, dass die Zahl der Standorte zunehmend wächst und die Büroeröffnungen zunehmen. Berater:innen, die aus einer laufenden Büroinfrastruktur mit Empfangsmitarbeitern, Office Managern und Assistenzen kommen merken spätestens dann, wie wichtig der administrative Support im Rücken ist. Und hier kommt ihr ins Spiel.
Wer wird gebraucht?
Bei einer Büroeröffnung hängt es stark davon ab, wie groß der neue Standort werden soll. Bei fast allen Neugründungen werden starke Allrounder gesucht, die gut organisieren können und auch ohne feste Strukturen arbeitsfähig sind. Meistens werden zwischen 1 und 3 neue Mitarbeiterinnen im Sekretariat gesucht, die unterschiedliche Schwerpunkte haben können. Selten ist es, dass eine Kollegin nur Empfang macht, eine nur Office Management und eine die Aufgaben der Partnerassistenz übernimmt. Meist werden Mitarbeiter gesucht, die unprätentiös sind (“Ich setze mich nicht an den Empfang”) und eine gewisse Hands On Mentalität mitbringen. Oft ergeben sich aus der abweichenden Berufserfahrung naturgemäß Aufgabenschwerpunkte – man rekrutiert z.B. eine erfahrene Partnerassistenz mit 10 Jahren Berufserfahrung und eine Quereinsteigerin aus der Hotellerie. In fast allen Fällen startet ihr jedoch als Assistenz Plus, also einer fordernden Assistenzposition mit Zusatzaufgaben.
Was muss gemacht werden
Sowohl die Mitarbeiter aus dem Sekretariat, als auch die Berater unterschätzen oft den Arbeitsaufwand, der mit einer Büroeröffnung verbunden ist. Erfolgt die Eröffnung für ein bereits etabliertes Beratungshaus (es kommt nur der Standort Hamburg hinzu) ist der Aufwand geringer, da auf die Expertise der anderen Standorte zurückgegriffen werden kann. Des Weiteren hängt es davon ab, zu welchem Zeitpunkt ihr zum neuen Unternehmen stoßt (gibt es bereits ein Büro oder muss es noch gesucht werden?). Ein Aufbau auf der grünen Wiese ist zum einen die anspruchsvollste aber auch spaßigste Aufgabe, da es einen großen Gestaltungsspielraum gibt. Die möglichen Tätigkeiten sprengen hier den Rahmen, da so viele Handgriffe erst auffallen, wenn man sie zum ersten mal machen muss. Euch erwartet die Auswahl von Dienstleistern (von Reinigungskraft bis DSL-Anschluss), der Kauf und Aufbau von Büromöbeln, die Koordination eines Umzugsunternehmens, Bestellung von Briefkastenschildern, Koordination der IT (meist mit einem Dienstleister), reguläres Assistieren der Berater usw.
Letztlich ist es eine Dreifachfunktion aus Office Managerin, Partnersekretärin und manchmal auch Empfangsdame bis sich feste Strukturen herausgebildet haben. Der Prozess ist anstrengend, aber auch sehr erfüllend wenn man die Früchte seiner Arbeit ernten kann.
Welche Chancen ergeben sich
Ein Start ins Ungewisse ist immer mit Chancen und Risiken verbunden. In so einer kleinen Einheit ist es meist möglich schneller Karriere zu machen, wenn man sich reinhängt und gut ist. Warum? Man ist für die Partner direkt sichtbar und Leistung kann ohne Filter (z.B. Mitarbeiterjahresgespräche) auffallen. Auch wenn ihr nicht vorhabt für immer im Unternehmen zu verbleiben, die Begleitung einer Büroeröffnung wirkt sich sehr positiv auf den Lebenslauf aus. Ihr habt zudem allgemein eine recht gute Chance auf eine deutliche Gehaltssteigerung, wenn das Unternehmen dringend sucht und ihr die richtige seid. Warum ist das so? Wenn man 20 – 30 Mitarbeiterinnen im Sekretariat hat, werden Gehaltsabweichungen schnell mal richtig teuer. Wenn man nur 2-3 hat, fallen diese Abweichungen am Anfang nicht so ins Gewicht. Ihr solltet eure Verhandlungsposition aber nie unfair ausnutzen! Eine der besten Chancen ist es, mit dem Unternehmen mitzuwachsen. Mit steigender Größe ergeben sich mehr Aufgaben und somit auch Chancen für eine interessante Karriere. So ein Wachstum an administrativen Aufgaben erfolgt meistens dynamisch, ist also nicht mit einem 5 Jahresplan kalkulierbar. Das Gefühl das Unternehmen gemeinsam aufgebaut zu haben kann zu einem starken Verbundenheitsgefühl und gegenseitigem Vertrauen führen, was sich generell sehr positiv auf die Arbeitsweise auswirkt.
Worauf musst du dich einstellen
Eine Büroeröffnung ist auf jeden Fall stressig, wie sehr ihr euch stressen lasst, hängt von eurer persönlichen Resilienz ab. Verglichen mit einem Nine-to-Five-Job erwarten euch jeden Tag viele Ungewissheiten, die ihr handeln müsst. Die neuen Berater, Partner, Berufsträger im Unternehmen sind oft auch neu in der Selbstständigkeit und geben den selbst empfundenen Stress manchmal weiter (sehr oft läuft der Start wirtschaftlich aber sehr gut – sonst hätte es auch die Gründung nicht gegeben). Auf Überstunden könnt ihr euch in den meisten Fällen in der Gründungsphase einstellen, das relativiert sich aber meistens nach ein paar Wochen oder Monaten. Eine gewisse Unsicherheit ist immer vorhanden, denn eine Neugründung kann auch scheitern (hier müsst ihr das Chance-Risiko-Verhältnis abwiegen). Die Begleitung einer Büroeröffnung ist also immer mit einer gewissen Unsicherheit verbunden.
Wann solltest du keine Büroeröffnung begleiten
Wenn ihr keine oder wenig Stressresistenz besitzt seid ihr bei einem etablierten Unternehmen besser aufgehoben. Dort gibt es Prozesse, an die ihr euch halten könnt, bei einer Neugründung müsst ihr diese Prozesse selbst schaffen. Wer es eher gemütlich und gemächlich mag ist bei einer Büroeröffnung ebenfalls falsch (kann aber bei einem guten Setup der Office-Struktur dieses Umfeld schaffen). Das Priorisieren von Aufgaben ist im Assistenzberuf sowieso eine wichtige Schlüsselkompetenz, bei einer Gründung jedoch noch wichtiger, da man bei den Aufgaben schnell vom Hundertste ins Tausendste kommt. Wer ein ausgesprochenes Sicherheitsbedürfnis hat, ist bei einer Büroeröffnung falsch. Der Arbeitsmarkt für gute Assistentinnen ist zwar allgemein sehr gut und auch im Falle eines Scheiterns kommt man schnell wieder in eine Festanstellung, die gewisse Unsicherheit zwischen zwei Jobs fühlt sich dennoch nicht gut an.
Worauf musst du achten
Egal ob ihr über eine direkte Bewerbung, eine Headhunter-Ansprache oder einen persönlichen Kontakt mit dem neuen Beratungsunternehmen in Kontakt kommt – Kommunikation ist hier das A und O. Klärt in den Gesprächen ganz klar die Erwartungshaltung der Partner/Berater ab und versucht euch nicht mit Floskeln abspeisen zu lassen. Das Problem ist hierbei: Wer aus einer funktionieren Office-Landschaft kommt hat oft kein Auge für die Fallstricke im Sekretariat. Kommuniziert auch ganz klar eure Wünsche und Vorstellungen, wenn Anforderungen des Arbeitgebers und eure Vorstellungen generell nicht passen wäre es sinnlos einen gemeinsamen Nenner zu suchen (wenn Schnittmengen vorhanden sind macht es Sinn). Es hilft auf jeden Fall die Pläne der Gründer zu hinterfragen, wie groß soll das Unternehmen werden, welche strategische Ausrichtung ist geplant etc. Durch diese Informationen kann man auch auf die eigene Entwicklung in der Zukunft schließen (Brauchen wir dann einen Office Manage? Einen HR Manager?). Erfahrungsgemäß sind Gehaltsverhandlungen entweder sehr leicht oder sehr schwierig, dazwischen gibt es wenig. Wer aufgrund seines Renommees schon vor dem offiziellen Start volle Auftragsbücher und genug Cashflow hat bringt oft eine “Es kostet halt was es kostet”-Attitüde mit. Wer starke Mitarbeiter will zahlt also auch gerne ein hohes Gehalt – sofern es marktgerecht ist. Das andere Extrem sind schockierte Partner, wenn sie die (marktgerechten) Gehaltsvorstellungen mancher Assistentinnen sehen. Wer sich bisher nicht selbst um Personal-Themen gekümmert hat ist teilweise erschrocken über das Gehaltsniveau von guten Assistentinnen. Bei der Bewerbung sollten somit Gehaltswünsche mitgeschickt werden, ggf. ergänzt um den Vermerk, dass das Gehalt verhandelbar ist.

