Vorteile für beide Seiten
Viele Unternehmen fördern die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen durch Zuschüsse oder die vollständige Übernahme der Kosten. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine absolute Win-Win-Situation für beide Seiten. Der Arbeitgeber kann es als Betriebsausgabe von der Steuer absetzen und bietet den Mitarbeitern sogar noch einen Mehrwert neben dem Gehalt. Der Mitarbeiter hingegen muss nichts von seinem hart erarbeiteten und versteuerten Netto-Gehalt dafür aufwenden. Klar, Selbstzahler kriegen etwas von der Steuer zurück, nie jedoch den vollen Betrag. Bei erster Betrachtung ist das also eine ganz komfortable Ausgangssituation.
Mögliche Nachteile
Unter Umständen entstehen euch jedoch einige Nachteile, die ihr in Betracht ziehen solltet. Wichtig: Wir sprechen hier vom konjunktiv, nicht überall läuft das so, wir möchten euch für die Fallstricke sensibilisieren.
#1 Chef wählt den Kurs
Oft vorgekommen ist es, dass der Arbeitgeber nur eine bestimmte Weiterbildung fördert. Du möchtest eine Fortbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin machen, dein Chef drängt dich aber Richtung Rechtsfachwirtin, weil er einen besseren Einsatzzweck sieht. Die Verlockung eines “geschenkten” Kurses für einige Tausend Euro ist sehr groß – du zahlst aber dennoch selbst mit Zeit und Energie. Du solltest die Weiterbildung absolvieren, die du wirklich machen möchtest.
#2 Chef wählt den Anbieter
Die Gefahr ist zugegeben relativ klein. Viele größere Arbeitgeber (ab 100 Mitarbeiter aufwärts) haben regelmäßig die Weiterbildungs-Thematik und bei festen Weiterbildungs-Akademien Kontingente mit Sonderkonditionen ausgehandelt. Wenn die Bedingung für die Kostenübernahme daran geknüpft ist, dass ihr sie dort absolviert und die Akademie am Markt einen schlechten Ruf hat würde ich euch raten, dringend davon Abstand zu nehmen. Wie gesagt dieser Fall ist relativ selten.
#3 Gestiegene Erwartungshaltung
Wenn ein Arbeitgeber die Weiterbildung zahlt ist zudem eine stark gestiegene Erwartungshaltung möglich. Es ist nicht selten vorgekommen, dass ein Chef auf einmal eine deutlich höhere Anforderung an die Arbeitsqualität hat, da der Mitarbeiter sich ja weiterentwickelt hat. Ob es sich um eine fachfremde oder spezifische Weiterbildung handelt ist dabei scheinbar manchmal einfach egal. Klärt am besten vorher in einem persönlichen Gespräch, ob dieser Fall zu erwarten ist.
#4 Verpflichtender Verbleib im Unternehmen
Sehr häufig sind übernommene Kosten an einen Verbleib im Unternehmen gebunden. Arbeitgeber wählen dabei besonders häufig zwei Modelle: Bei einem vorzeitigen Ausscheiden vor Ablauf einer bestimmten Frist (oft 2-3 Jahre) müssen die gesamten Kosten zurückgezahlt werden (selten) oder gestaffelt (häufig). Wenn ihr zum Beispiel 2 Jahre im Unternehmen bleiben müsst (also 24 Monate) wird ein vorzeitiges Verlassen oft anteilig abgerechnet. Kündig ihr drei Monate nach Abschluss der Weiterbildung müsst ihr dieser Rechnung nach 21 Raten (also Monate) zurückzahlen. Diese Vereinbarung sind oft vor Gericht nicht haltbar und sollten im Falle eines Falles von einem Anwalt geprüft werden – das ist aber wirklich der äußerste Notfall und bringt uns zum nächsten Punkt.
#5 Gewünschter Verbleib im Unternehmen
Der vorher genannte Punkt – gegen den Verbleib klagen – sollte eigentlich in keinem Unternehmen passieren. Man sollte dort arbeiten, wo man ein vertrauensvolles und kollegiales Verhältnis mit seinem Arbeitgeber pflegt. Häufig ist es, fernab der Rechtslage, einfach nur fair eine gewisse Zeit im Unternehmen zu bleiben und mitzuarbeiten. Der Arbeitgeber finanziert ja die Weiterbildung als Investment in die Mitarbeiterin, da mit einem langfristigen Verbleib kalkuliert wird. Wer ein gutes Verhältnis zu seinem Arbeitgeber pflegt sollte sich somit gut überlegen, ob es das wirklich Wert ist.
Lessons Learned
Lest den Vertrag genau bevor ihr ihn unterzeichnet
Verträge sind oft juristisch anfechtbar – niemand sollte jedoch so auseinandergehen Eigenfinanzierung kann viel Stress sparen