Es gibt eine riesige Kommunikationsbarriere zwischen Unternehmen und Bewerbern, meist aus der Angst verklagt zu werden oder gegen das AGG zu verstoßen. Personalerinnen und Partnerinnen gehen dabei oft auf Nummer sicher und greifen auf erprobte und von der Rechtsabteilung abgesegnete Standard-Absagen zurück. Wenn Ihr in eurer Stadt einen Wunscharbeitgeber habt und abgesagt wurdet drängt sich die Frage auf: Kann ich mich beim gleichen Arbeitgeber mehrfach bewerben oder wollen die mich wirklich nicht?
Das Problem: Larifari Absagen
Man kann Personalern hier keine Vorwürfe machen und keinen Strick daraus drehen, bevor Klagen auf das Unternehmen zurollen, gibt man sich lieber zugeknöpft. Manchmal wäre es auch schlichtweg strafbar die Wahrheit zu sagen, wie zum Beispiel beim Alter. “Sie sind uns zu alt” kann keiner sagen, obwohl es manchmal sogar nachvollziehbar wäre. Angenommen es ist eine einfache Assistenz vakant, die nur ein paar Termine koordinieren soll und sonst wenig zu tun hat. Eine starke Senior Partnerassistenz mit Gehaltsvorstellungen über 60.000 Euro schießt hierbei weit übers Ziel hinaus und ist auf dieser Stelle nicht notwendig, bzw. einfach zu alt – nicht vom Lebensalter aber von der Berufserfahrung her.
Das Stadium der Bewerbung ist entscheidend
Um die Frage zu klären, ob Ihr euch mehrfach bei einem Unternehmen bewerben könnt hängt davon ab, in welcher Phase ihr euch im Bewerbungsprozess befindet. Schickt ihr immer wieder eine Bewerbung und bekommt eine Absage noch vor dem Erstgespräch? Dann klingt es fast so, als hätte das Unternehmen kein Interesse an euch. Ich kenne das selbst, wenn sich Bewerber trotz Absage bei jedem Push/Refresh der Stellenanzeige erneut mit dem selben Standard-Text bewerben ohne irgendwie auf die vorherigen Absagen einzugehen. Damit qualifiziert man sich tatsächlich für eine Bann-Liste. Anders ist es, wenn man nach der ersten oder sogar dritten Runde ausscheidet. Das Unternehmen hat genau wie ihr Zeit investiert und ist hierbei eher auskunftswillig.
Absagegründe erkennen
Um zu klären ob es sich lohnt nochmals eine Bewerbung zu schicken müsst Ihr zunächst hinter die Absagegründe kommen, sonst wird das ganze Unterfangen keinen Erfolg haben. Im Idealfall kommt die Absage per Telefon, das ist aber leider selten der Fall, denn diese Gespräche sind auch für Partnerinnen und HR-Manager eher unangenehm. Was unangenehm ist, wird gerne per Mail gemacht. Wenn es also nicht im Gespräch die Möglichkeit gibt die Absage zu hinterfragen muss ein proaktiver Ansatz her (“nachfragen”). Ihr werdet auf Nachfrage niemals die Gründe im Detail schriftlich per Mail geschickt bekommen, macht sowas immer persönlich oder am Telefon. Bittet um ein ehrliches Feedback, damit ihr aus euren Fehlern lernen und wachsen könnt – diese Gründe sind für alle Personalverantwortlichen nachvollziehbar. Auch dann wird man (aus Angst) noch nicht gerne erzählen also müsst ihr ein bisschen bohren und charmant sein – “Ich werde Sie schon nicht verklagen haha”.
Absagegründe einordnen
Wenn euch die Absagegründe mitgeteilt werden könnt Ihr abschätzen ob es Sinn macht in der Zukunft nochmals mit dem Unternehmen zu sprechen. “Jemand anderes war besser” kann ein Indikator dafür sein, dass es durchaus Sinn macht später nochmal eine Bewerbung zu schicken. “Niemand bei uns verdient so viel wie Sie” ist auch in der Zukunft ein K.O.-Kriterium. Man kann natürlich auch einfach nachfragen ob es Sinn macht, sich nochmals zu bewerben. Hierfür ist ein bisschen Menschenkenntnis nötig, denn der Personalverantwortliche wird das vermutlich bejahen, auch wenn es nicht so gemeint ist.
Zeit vergehen lassen
Nach spätestens 18 Monaten stehen die Zeiger wieder bei Null und eine Bewerbung kann nochmals versucht werden, sofern sich etwas bei euch getan hat (persönliche und fachliche Weiterentwicklung). Manchmal sind auch Personalmanager mit einer Präferenz für bestimmte Bewerber das Problem, auch die HR-Leute wechseln die Posten. Fazit: Ihr könnt euch bei einem Unternehmen mehrfach bewerben, ich würde es allerdings nicht allzu aggressiv forcieren und nicht blind immer und immer wieder meine Unterlagen einreichen. Spätestens nach der persönlichen Runde würde ich mich dann erkundigen ob es wohl Sinn macht, in Zukunft nochmals eine Bewerbung zu schicken.

