Ihr habt es sicher schon gemerkt, ich bin gegen Konventionen und nur weil alle es so machen heißt es nicht, dass es auch richtig ist. Es wird sehr viel Tam Tam über Lebensläufe gemacht und ich bin mir fast sicher, dass schon mehr ÜBER Lebensläufe geschrieben wurde als tatsächlich Lebensläufe verfasst wurden. Okay, fast.
Also kommen wir schnell zur Sache. Wenn man sich im Internet einliest denkt man schnell, dass eine Bewerbung mit einem Lebenslauf bzw. CV (Curriculum Vitae) steht oder fällt. Die Artikel lauten dann “Der Lebenslauf – Spiegel deiner Persönlichkeit” oder anderer Quatsch. Nein der CV ist kein Spiegel deiner Persönlichkeit, es gibt keine validen Forschungsergebnisse zu diesem Thema, Ende.
Warum wird so viel über Lebensläufe geschrieben?
Setzen wir uns zunächst damit auseinander warum so viele Seiten und so viele Personen Leitfäden, Guidelines, White Paper oder was auch immer formulieren um euch den “perfekten Lebenslauf” zu verschaffen oder noch besser zu verkaufen. Wir leben in einer digitalen Ökonomie in denen sehr viel über Online Marketing läuft. Die Zielgruppe “Bewerber” oder auch Job-Interessierte ist dabei sehr interessant weil man mit ihnen schnell ein paar Klicks verdienen oder über einen Affiliate-Link zu Amazon einen schnellen Euro verdienen kann. Wer rankt bei Google mit seinem Artikel gut? Derjenige, der viele Klickzahlen bekommt – somit auch derjenige der aus Lebensläufen eine ganz ausgefuchste Wissenschaft macht. Es wird also viel Quatsch erzählt um auf die Klicks zu kommen.
Die schockierende Wahrheit über Lebensläufe
Bleiben wir also bei der schockierenden Wahrheit über Lebensläufe wie unsere Clickbait-Mitbewerber es wohl formulieren würden. Die Wahrheit ist: Der Inhalt zählt. Und damit ist nicht die Schriftart gemeint sondern was ihr tatsächlich in eurem Leben erlebt habt (“Lebenslauf”). Ich habe in der Praxis schon unterschiedlichste Lebensläufe in der Hand gehabt von wirklich beeindruckend bis Schülerpraktikant. Der Herr mit dem CV auf dem Niveau eines Schülerpraktikanten hat seinen Lebenslauf nach schnellem Googlen hingerotzt, es war ein Rechtschreibfehler drin, die Formatierung war nicht einheitlich und trotzdem hat er bei 6 von 8 Kanzleien ein Vorstellungsgespräch bekommen. Woran liegt das? Der Inhalt war überzeugend. Bitte nicht falsch verstehen, ich möchte niemanden ermutigen seinen CV künftig auf einer Serviette zu schreiben und bei der Kanzlei in den Briefkasten zu werfen weil “es ja sowieso egal ist”. Vielmehr möchte ich sagen, die Form ist längst nicht so kriegsentscheidend wie alle behaupten. Des Weiteren gilt im Umkehrschluss: Die Form kann noch so gut sein, wenn der Inhalt nicht passt, interessiert es keinen.
Lebenslauf-Geheimnisse
Ich möchte gerne die häufigsten Fehler bzw. uninteressanten Fakten stichpunktartig aufzählen.
Was muss zwingend rein?
Dein Lebenslauf sollte unbedingt deine Kontaktdaten (Anschrift, Handynummer, Mail-Adresse) enthalten, weder Festnetz noch Fax interessieren den neuen Arbeitgeber. Wenn das HR-Team nicht gerade in den USA sitzt ist auch das Geburtsdatum zu nennen, HR Manager lesen es sonst sowieso im Arbeitszeugnis nach. Der Lebenslauf enthält deine beruflichen Stationen und beginnt mit der aktuellen bzw. letzten Position. Im Idealfall schreibst du inhaltlich rein, was du gemacht hast (dafür bezahlt dich schließlich dein neuer Arbeitgeber).
Brauche ich ein Foto?
Du brauchst kein Foto, es pusht deine Bewerbung jedoch, wenn es gut ist. Wichtig ist, dass ein professioneller Fotograf oder ein sehr guter Hobbyfotograf mit entsprechendem Equipment das Bild macht, bitte keine selbst gemachten Bilder verwenden, das landet meist (wenn auch zu unrecht) schnell in der virtuellen Tonne.
Niemanden interessiert es, was eure Eltern oder Geschwister beruflich machen.
Niemanden interessiert es, welche Nebenjobs ihr bei welchen Supermärkten oder Restaurants gemacht habt. Außer natürlich es ist für den nächsten Job relevant (z.B. Übernahme der Buchhaltung). Der Hintergedanke bei “keep it simple” ist: Lenke den Personalverantwortlichen nicht von den wichtigen Details ab.
Lebenslauf-Vorlagen
Im Internet gibt es zahlreiche Lebenslauf-Generatoren, die euch einen auf den ersten Blick eindrucksvollen, grafisch ansprechenden CV erstellen. Normalerweise suchen jedoch auch andere Bewerber danach und bleiben auf der ersten Seite der Suchmaschine. Die Konsequenz ist, dass ein Personalmanager früher oder später alle Fancy-Vorlagen kennt und der intendierte Effekt (“herausstechen”) ins Gegenteil umschlägt (“keine Mühe gegeben”). Deswegen gilt: Sobald es über eine Word-Vorlage hinausgeht und grafisch interessant ist: Lasst lieber die Finger davon und gebt euch selber Mühe.
Hobby im Lebenslauf
Auch hier schwafeln Bewerbungsratgeber hunderte Seiten unvalidierten Mist. Letztlich ist mir kein Fall bekannt wo jemand wegen Motorradfahren (“erhöhtes Unfallrisiko”) aussortiert wurde. Machen wir uns nichts vor, es steht doch eh nur Lesen, Sport und Freunde Treffen drin, da kann man das auch weglassen.
Lebenslauf Tuning erlaubt
Je “schlechter” eure bisherige Vita ist (z.B. viele Wechsel), oder je weiter ihr euch von eurer Zielposition entfernt befindet, desto intensiver solltet ihr euch mit Lebenslauf-Tuning beschäftigen. Nur weil wie von mir behauptet niemand wegen der Form aussortiert wird heißt das nicht, dass jeder auch eingeladen wird/den Job bekommt. Ich möchte niemanden ermutigen einen schlechten CV abzugeben, Engagement bzw. die berühmte Extra-Meile zahlt sich immer aus.
Ganz kurze Stationen erzeugen nur Rückfragen und können weggelassen werden – sie können sich jedoch auch wenn sie nicht genannt werden in der Branche herumsprechen. Weglassen ist also immer mit einem Risiko verbunden. Kurze Stationen, die durch eine Vertretung entstanden (bzw. Befristung) sind oder durch den Wechsel mit einem Team würde ich im CV auch genau so dokumentieren. Das nimmt Rückfragen vorweg. Bei euren Tätigkeiten (was habe ich genau gemacht) könnt ihr mit der Reihenfolge der Tätigkeiten etwas spielen (z.B. beginnt ihr mit der Buchhaltung, wenn das für den neuen Job relevant ist).
Fazit
Niemand wird wegen Formfehlern aussortiert, sofern der Inhalt passt.
Konzentriert euch auf wichtige Stationen und haltet den CV schlank
Je “schlechter” eure bisherige Vita desto mehr Mühe solltet ihr euch geben
Es zahlt sich immer aus die Extra-Meile zu gehen und einen perfekten CV einzureichen

